Jacob Böhme (1575–1624) zählt zu den wichtigsten deutschen Denkern. Er hat die Literatur, Philosophie, Religion und Kunst über die Landesgrenzen hinweg geprägt. 100 Jahre nach dem Beginn der Reformation – am Vorabend des Dreißigjährigen Krieges – war es Böhmes Anliegen, dem Bedürfnis nach einer tief greifenden spirituellen und philosophischen Erneuerung, Ausdruck zu verleihen. Als Autodidakt bewegte sich Böhme auf ganz unterschiedlichen Wissensgebieten und warf Fragen auf, die heute eine bemerkenswerte Aktualität besitzen. Mit deutlichen Worten wandte er sich etwa gegen Krieg und Gewalt. In einer Zeit, in der das traditionelle Weltbild durch bahnbrechende wissenschaftliche Erkenntnisse ins Wanken geraten war, suchte Böhme nach einer universellen Theorie, um Religion und Wissenschaft miteinander in Einklang zu bringen. Mit seinem Erstlingswerk „Aurora“ von 1612 stieß Böhme auf scharfe Kritik seitens der Kirche. Trotz eines verhängten Schreibverbots verfasste er zahlreiche Schriften, die im Kreis seiner Anhänger und Freunde in Abschriften zirkulierten. Nur ein einziges Werk erschien zu Böhmes Lebzeiten im Druck.
Mit der Ausstellung ALLES IN ALLEM wird die wiederhergestellte Schlosskapelle des Dresdner Residenzschlosses erstmals museal genutzt. Während ausgewählte Grafiken, Gemälde, Instrumente und Objekte des Kunsthandwerks den kulturellen und wissenschaftsgeschichtlichen Kontext der Zeit um 1600 darstellen, spiegeln Arbeiten von Künstlern wie Philipp Otto Runge, William Blake, Hans Arp, Wassily Kandinsky und Johannes Itten die anhaltende Faszination seiner Schriften wider. Im Untergeschoss der Schlosskapelle wird der Film „Morgenröte im Aufgang – Hommage à Jacob Böhme“ von Max Hopp, Jan Korthäuer, Ronald Steckel und Klaus Weingarten gezeigt.
Beginnend mit Böhmes Manuskript der „Aurora“ bis hin zu der so genannten Law-Edition (1764–1781) mit „Pop-up“-Illustrationen zeichnen die ausgestellten Schriften die Veröffentlichungsgeschichte seiner Werke nach. Die Idee für die Ausstellungsarchitektur lieferte Böhme selbst: den Entwurf der „Philosophischen Kugel“, mit dessen Hilfe er das Zusammenspiel der Gegensätze als zentrales Thema seines Denkens erläuterte. Auf diese Weise verwandelt sich die Schlosskapelle für einen begrenzten Zeitraum in ein begehbares Gedankengebäude, in dem die Ideenwelt des mystischen Philosophen anschaulich wird.